![Kunst oder Kommerz: Was steckt tatsächlich hinter Instagram?](http://comback.ch/media/k2/items/cache/bd3eebf32e04c907d6d9fc42f4213df5_S.jpg)
Die Social Media Plattform Instagram feierte diesen Herbst ihren fünften Geburtstag. Für viele bedeutet das fünf Jahre voller Selfies, Foodies, Belfies und mit allem, was die Trends sonst noch hervorbrachten.
Die Social Media Plattform Instagram feierte diesen Herbst ihren fünften Geburtstag. Für viele bedeutet das fünf Jahre voller Selfies, Foodies, Belfies und mit allem, was die Trends sonst noch hervorbrachten.
Instagram feierte diesen Herbst ihren fünften Geburtstag. (Bild: primopiano – Shutterstock.com)
Denn kein Moment ist mittlerweile zu intim, um mit Millionen anderen Usern geteilt zu werden. Im Zuge der zunehmenden Zurschaustellung des Privatlebens einzelner im Internet, hat sich ein komplett neuer Markt entwickelt. Im Narzissten-Mekka Instagram dienen vermeintliche Privataufnahmen der geschickten Produktplatzierung, während andere den Kanal nutzen, um ihre eigenen Werke zu vermarkten.
Knapp 400 Millionen Nutzer zählt die Plattform Instagram nach nur fünf Jahren. Ganze 60 Millionen Bilder werden täglich hochgeladen, am häufigsten natürlich unter dem Hashtag #Selfie.
Doch wer den Online-Fotodienst als überflüssiges Gadget selbstverliebter Celebrities abtut, täuscht sich gewaltig. Denn lange steckt hinter dem Konzept eine gewaltige Marketing-Maschinerie. Das Zauberwort dabei lautet Produktplacement. Kaum ein Instagram-Star teilt einen Schnappschuss mehr umsonst. Als Testimonials für grosse Marken verdient sich so manches Selfie-Girl eine goldene Nase, indem es geschickt ein Produkt in ihrer perfekt inszenierten Instagram-Welt platziert.
(Bild: Marcos Mesa Sam Wordley – shutterstock.com)
Follower sind Kapital
Wie gross die Inszenierung bei den meisten Bildern tatsächlich ist, hat erst kürzlich die Instagram-Berühmtheit Essena O'Neill bewiesen. Mit über einer halbe Millionen Fans konnte die 19-jährige Australierin gut von den Einnahmen durch Werbekooperationen leben. Angeblich zahlte man ihr bis zu 2.000 Dollar für ein Bild, auf dem sie ihren Werbepartner scheinbar ganz natürlich und spontan in Szene setzte.
Das Model zog nun einen Schlussstrich, löschte ihre Social Media Profile und ging mit einem Video an die Öffentlichkeit, indem sie all die Retusche und Inszenierung ihrer meisten Bilder offenlegte. Was deutlich wird: Fast jedes der über 2.000 Bilder, die bis vor kurzem auf ihrem Account zu sehen waren, lies sich die 19-jährige gut bezahlen. Laut ihrer Aussagen seien 99 Prozent der Bilder auf Instagram, auf denen eine Marke verlinkt werde, gekauft.
Ein virtueller Raum für Kunst
Für die meisten Instagram-Stars sind die Follower ihr Kapital und für Firmen sind diese Accounts Gold wert. Doch wie sieht es mit denjenigen aus, die tatsächlich ihr tägliches Brot mit Fotos verdienen. Viele Künstler, vor allem natürlich professionelle Fotografen, distanzieren sich grundsätzlich vom Konzept der Plattform.
Die meisten verteufeln Instagram geradezu, denn während für sie die Fotokunst Passion und Bestimmung ist, meint jeder digitale Selbstdarsteller mithilfe vorgefertigter Filter und Autokorrektur-Einstellungen Kunst schaffen zu können. Es gibt natürlich Ausnahmen.
Doch pflegt man wie der Photograph Steven Shore regelmässig seinen Instagram-Account mit ein paar Handyschnappschüssen, fängt man sich schnell Spott und Häme der Kollegen ein. Denn wie könne ein ernstzunehmender Künstler sein Talent umsonst auf einem sozialen Netzwerk mit jedermann teilen, wo doch anderswo horrende Beträge für Fotografien bezahlt werden?
Eben diese Kritiker postulieren auch vehement, Kunst müsse im Museum oder in Galerien stattfinden, denn nur so könne ein angemessener Rahmen für die Künstler und ihr Werk geschaffen werden und sie so die Wertschätzung erfahren, die sie verdient haben. Doch kann man diese Wertschätzung nicht auch online erfahren?
Natürlich sind Raubkopien nicht nur ein Problem der Musik- und Filmindustrie. Auch als Vertreter der bildenden Künste kann man nicht mehr so leicht verhindern, dass sein Werk kopiert und ohne Erlaubnis verbreitet wird. Dennoch sollte man sich als Fotokünstler dem Potential, das der digitale Markt mit sich bringt, nicht komplett verschliessen. Im Gegenteil: Wenn Kunstfans das Leben nur noch durch Smartphone und Tablet sehen wollen, muss man genau diese Plattformen für sich nutzen.
Einen interessanten Ansatz findet man im Konzept der Seite LUMAS.ch. Die Editionsgalerie hat eine geschickte Brücke geschlagen zwischen der Schnelllebigkeit des Online-Angebots und dem monumentalen Charakter von Galerien. An über 30 Standorten kann man weltweit Werke der durch LUMAS vertretenen Fotokünstler begutachten, sie in den Galerien vor Ort betrachten und – was sich viele Künstler natürlich wünschen – die Arbeit würdigen und wertschätzen. Gleichzeitig kann man im Shop Fotokunst ganz einfach online kaufen und nach Hause liefern lassen. Hier werden keine billigen Raubkopien angeboten, sondern signierte, nummerierte Originale, die in kleinen Auflagen gedruckt und verkauft werden.
Ein Hashtag für die Kunst
Der berühmteste Vertreter, der regelmässig die Fahne der Fotokunst auf Instagram hochhält, ist wohl der chinesische Fotograf und Konzeptkünstler Ai Weiwei. Dabei teilt er mal mehr, mal weniger künstlerische Aufnahmen über das soziale Fotonetzwerk. Welche Tragweite seine Veröffentlichungen bei fast 180.000 Followern haben, zeigt seine jüngste Aktion.
Für eine geplante Ausstellung bestellte er eine grosse Menge bunter Lego-Steine beim dänischen Hersteller. Diese wurde ihm jedoch verwehrt, denn laut Hersteller seien die Steine als Spielzeug für Kinder gedacht und nicht um politischen Statements, wenn auch künstlerisch, Ausdruck zu verleihen. Innerhalb kürzester Zeit waren die Fans und Unterstützer seine Arbeit via Instagram aktiviert und starteten mittels des Hashtags #Legosforweiwei eine Lego-Spendenaktion.
Um auf Instagram erfolgreich zu sein, reicht manchmal die Inszenierung alleine. Vertreter der bildenden Kunst müssen sich die Aufmerksamkeit der Nutzer hingegen hart erkämpfen. Die Präsenz von namenhaften Fotografen wie Ai Weiwei zeigt jedoch ebenso wie das Geschäftsmodell von Online-Galerien, wie auch der Kunstmarkt zunehmend digitalisiert wird und ein neuer, innovativer Raum für Kunst aller Genres entsteht.
Bild oben links: © tulpahn – Shutterstock.com